Wer gut vorbereitet in sein erstes Vorstellungsgespräch gehen möchte, informiert sich vorher. Aber: Ratgeber zum Ablauf dieser Gespräche vermitteln oft ein ganz falsches Bild.
Auf vielen Websites wird beispielsweise erklärt, wie man „Stressfragen“ ausweichen kann und welche psychologischen Tricks beim Vorstellungsgespräch helfen sollen. Das Problem ist dabei aber nicht nur, dass viele dieser „Tricks“ inzwischen bei Personalern bekannt sind: Oft führen sie dazu, dass Jobsuchende sich auf ein Bewerbungsgespräch vorbereiten wie auf eine Schulprüfung und letztendlich verkrampft und nervös in das Gespräch gehen.
Schlechte Tipps für’s Vorstellungsgespräch
Schlechte Tipps
für’s Vorstellungsgespräch
Deshalb hier fünf klassische Tipps für Ihre nächstes (oder erstes) Vorstellungsgespräch, die man auf keinen Fall ernst nehmen sollte, weil sie mehr unnötige Sorgen bereiten, als Gutes zu tun.
Natürlich sollte man auf die Frage nach den eigenen Schwächen nicht alle privaten Probleme „auspacken“. Diesem Punkt aber komplett auszuweichen ist ein Fehler: Hier bietet sich die Chance, die eigene Selbst-Reflektion zu demonstrieren. Jeder Arbeitgeber möchte Mitarbeiter, die sich selbst hinterfragen können und verbessern wollen. In einem solchen Moment sollte man also offen und ehrlich eine oder zwei Baustellen an, an denen man sich noch verbessern will.
Die Mimik des Gesprächspartners zu kopieren oder auch das gezielte Formulieren von Antworten in bestimmten Mustern soll zum Erfolg führen. Doch beim ersten Vorstellungsgespräch sollte man sich lieber nicht mit solchen Gedanken aufhalten. Wichtiger sind hier ganz einfache Basics der Körpersprache und klare Antworten ohne Komplikationen. Eine aufrechte aber entspannte Haltung kann Ruhe ausstrahlen und ist natürlicher als irgendeine Kopie des Gegenüber.
Oft wird der Personaler in Ratgebern als Gegner, den es zu besiegen gilt, dargestellt. Doch wie so oft muss man sich hier in Erinnerung rufen, dass es gar nicht zu einem Vorstellungsgespräch gekommen wäre, wenn die Firma nicht (erstens) nach Personal oder Auszubildenden suchen würde und (zweitens) die eigene Bewerbung als interessant gewertet hätte. Es ist also wichtig, das Vorstellungsgespräch nicht als Prüfung zu sehen, sondern sich auf respektvoller, interessierter Ebene zu begegnen und die Situation als ein Kennenlernen zwischen potenziellen Kollegen zu sehen.
Um interessant und individuell zu wirken wird oft zu Außergewöhnlichem geraten. Unkonventionelle Antworten auf Fragen im Vorstellungsgespräch, überraschende Formulierungen im Anschreiben und Co. sollen die üblichen Floskeln ersetzen. Natürlich ist es sinnvoll, sich von der Masse der Bewerber abheben zu wollen. Beim Versuch, besonders außergewöhnlich und klug klingen zu wollen, klingen viele Bewerber aber sehr schnell sehr künstlich und unglaubwürdig. Viel sinnvoller ist es, ehrlich zu bleiben, im eigenen Stil zu formulieren und dadurch eine authentische, offene Ausstrahlung zu haben.
Durchschnittlich dauert ein Bewerbungsgespräch 45 Minuten. In dieser Zeit möchte die einladende Firma ihren potentiellen neuen Mitarbeiter kennen lernen. Dabei geht jedes Unternehmen anders vor und setzt seine eigenen Prioritäten. Tabellen auf Ratgeber-Seiten, die Zeitangaben für jeden einzelnen Abschnitt der Gesprächs machen, solle man deshalb nicht zu ernst nehmen. Die Kennenlern-Runde wird mit Sicherheit ähnlich lang sein, aber was dann für ein Gespräch zustande kommt, liegt ganz bei Dir und Deinem Gesprächspartner. Wichtig wäre zu wissen, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Fragerunde am Ende geben wird. Überlege Dir am besten schon vor dem Gespräch Fragen oder schreibe Sie dir während dem Gespräch auf.
Oft hört man den Tipp, vor dem Gespräch eine Liste aller eigenen Stärken zu machen, die man später in das Gespräch einfließen lässt. An sich eine schöne Idee, vor allem weil sie selbstsicher macht. Hier greift aber das große Stichwort „Relevanz“. Zu oft erwähnen Bewerber nämlich ganz zusammenhangslos, dass Sie das 10-Finger-Schreiben beherrschen, durch Ihr Praktikum als Kindergärtner Verantwortung gelernt haben und außerdem immer eine 1 in Sport hatten. Wichtig ist deshalb, sich vorher zu fragen, welche Stärken für das Unternehmen nützlich sein können, und nur diese zu betonen. So stolz man auch auf manche der eigenen Errungenschaften ist: Das Unternehmen interessiert, was Sie ihm konkret bieten können.
Schicker Anzug, teurer Schmuck, gerader Rücken, gewählte Ausdrucksweise. Wenn das zu Ihnen passt – super. Aber: Zu oft versuchen Bewerber, etwas zu sein, was sie schlicht und einfach nicht sind. Und wirken dabei eher lächerlich. Natürlich kann man zum Vorstellungsgespräch nicht mit schmutzen, verwaschenen Klamotten erscheinen – aber man sollte sich auch nicht komplett verbiegen um einen Eindruck zu machen, den man spätestens zwei Wochen nach der Einstellung sowieso nicht aufrecht erhalten kann. Wichtig: Ein guter Eindruck entsteht auch durch Taten, nicht Worte oder Optik: Gute Manieren zeigen, indem man aufsteht um jemanden zu begrüßen. Gewissenhaftigkeit zeigen, indem man gut vorbereitet (z. B. mit intelligenten Fragen) ins Gespräch kommt. Statt einfach zu sagen „Ich habe gute Manieren und bin Gewissenhaft.“
Professionalität ist wichtig im Berufsleben, keine Frage. Hier machen viele aber einen großen Fehler: Durch hochgestochene Formulierungen und eine erste Miene wirken Sie nicht zwingend „professionell“. Eins muss dem Bewerber bewusst sein: Wenn er auf professioneller Ebene nicht für den Job geeignet wären dann hätte man ihn nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen (siehe auch: „Was die Bewerbung wirklich über den Bewerber aussagt„). Wichtig ist an diesem Punkt nicht nur, das in der Bewerbungsmappe beschriebene Können auch zu zeigen – denn ähnliche Qualifikationen haben vermutlich auch viele andere Bewerber. Die Firma will im Vorstellungsgespräch auch den Menschen kennen lernen, der hinter dem Lebenslauf steckt. Das heißt: Zählen Sie nicht Qualifikationen auf, die man nachlesen kann, sondern sprechen Sie von sich selbst, Ihrer eigenen Meinung und Einstellung zur Arbeit. Ein hochprofessionell-ernstes „Ich habe zwei Jahre lang bei [Unternehmen] im Vertrieb gearbeitet“ ist bei Weitem nicht so überzeugend wie ein begeistertes Lächeln und ein „Ich liebe es, wenn ich es schaffe, jemanden der anfangs unfreundlich und ablehnend ist doch als Kunden zu gewinnen„.
Wie bei vielen schlechten Tipps kommen auch die zum Vorstellungsgespräch nicht von ungefähr. Sie haben in vielen Fällen eine Berechtigung, dürfen aber nicht überinterpretiert werden, sodass sie zu Stress führen. Wichtig ist letztendlich, authentisch und gut vorbereitet ins Gespräch zu gehen. Und diese „gute Vorbereitung“ sieht letztlich für jeden Menschen anders aus – je nach seinen persönlichen Stärken und Schwächen.
Die Tipps, die Personaler wirklich überzeugen
Die Tipps, die überzeugen
Ein großer Schritt ist geschafft, wenn Sie zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurden. Halten Sie sich das vor Augen. Selbst wenn Sie die erhoffte Stelle nicht bekommen, bedeutet jedes Vorstellungsgespräch eine wichtige Erfahrung, die Sie zukünftig voranbringen wird. Also: Egal was passiert, Sie profitieren auf die eine oder andere Weise.