Thank God it’s Thurs­day! – Ist die 4‑Ta­ge-Woche die Zukunft für Unternehmen?

Schon in den 30er Jah­ren pro­phe­zei­te der Öko­nom John May­nard Keynes, dass die Men­schen 2030 dank des tech­ni­schen Fort­schritts nur noch 15 Stun­den die Woche arbei­ten müss­ten. Doch trotz des immensen tech­ni­schen Fort­schritts arbei­ten wir heu­te mehr als frü­her. Des­we­gen for­dern Exper­ten wie der Wirt­schafts­pro­fes­sor David Spen­cer die Ein­füh­rung von einer 4‑Ta­­ge-Woche in Unter­neh­men. Begrün­det wird dies damit, dass ein ver­län­ger­tes Wochen­en­de zu einer Stei­ge­rung der Lebens­qua­li­tät, mehr Ener­gie und Moti­va­ti­on bei dem Arbeit­neh­mer füh­ren soll, was wie­der­um deren Pro­duk­ti­vi­tät steigert.

Eine Stu­die der Bun­des­an­stalt für Arbeits­schutz und Arbeits­me­di­zin zeigt tat­säch­lich, dass das Risi­ko für gesund­heit­li­che Beschwer­den mit der Zahl der Arbeits­stun­den pro Woche wächst. Zu die­sen Beschwer­den gehö­ren u.a. Schlaf­stö­run­gen, Rücken­schmer­zen und Herzbeschwerden.

Model­le der 4‑Ta­­ge-Woche und deren Vor- und Nachteile

Modell 1: Redu­zier­te Arbeitszeit

Beim Ers­ten wird die Wochen­ar­beits­zeit ent­spre­chend auf etwa 30 oder 32 Stun­den ver­kürzt. Die­ses Modell basiert auf der Annah­me, dass erhol­te, zufrie­de­ne Arbeit­neh­mer genau­so viel oder sogar mehr Arbeit in kür­ze­rer Zeit erle­di­gen können.

Zu viel Arbeit gefähr­det sowohl die kör­per­li­che als auch see­li­sche Gesund­heit und führt somit zu mehr krank­heits­be­ding­ten Aus­fäl­len. Eine kür­ze­re Arbeits­wo­che führt nach­weis­lich zu gerin­ge­ren Stress­wer­ten und einem nied­ri­ge­ren Blut­druck und somit auch zu weni­ger krank­heits­be­ding­ten Ausfällen

Weni­ger Arbeits­zeit kann weni­ger Umsatz für den Unter­neh­mer und somit auch gerin­ge­ren Lohn für den Arbeit­neh­mer bedeu­ten. Es müs­sen evtl. mehr Arbeit­neh­mer ein­ge­stellt und ein­ge­ar­bei­tet wer­den, was teu­er und zeit­auf­wen­dig für das Unter­neh­men ist

Erhol­te Mit­ar­bei­ter sind nach­weis­lich moti­vier­ter, pro­duk­ti­ver und krea­ti­ver als gestress­te. Durch gestei­ger­te Pro­duk­ti­vi­tät kann einem Umsatz­ver­lust durch gerin­ge­re Arbeits­zei­ten ent­ge­gen­ge­wirkt werden

Stu­di­en zei­gen, dass Men­schen sich oft einen Zweit- oder Neben­job suchen, wenn sie zu viel Frei­zeit haben. Vie­le Men­schen haben das Bedürf­nis, pro­duk­tiv zu sein

Men­schen mit mehr Frei­zeit kon­su­mie­ren nach­weis­lich mehr, was die Nach­fra­ge bei Unter­neh­men stei­gert und die Wirt­schaft ankurbelt

Im Fal­le einer Gehalts­re­du­zie­rung ist die­ses Modell für nur Bes­ser­ver­die­ner geeig­net, da vie­le Arbeit­neh­mer ihren Lebens­stan­dard mit einem gerin­ge­ren Gehalt nicht hal­ten könnten

Modell 2: Umver­tei­lung der Arbeitszeit

Beim zwei­ten Modell bleibt die Arbeits­zeit pro Woche gleich, dafür wer­den die Arbeits­stun­den pro Tag auf 10 h erhöht. Hier wird davon aus­ge­gan­gen, dass die Arbeit­neh­mer sich trotz der gleich­blei­ben­den Wochen­stun­den in drei frei­en Tagen bes­ser erho­len und mehr Zeit mit der Fami­lie ver­brin­gen können.

Mit­ar­bei­ter sind durch den zusätz­li­chen frei­en Tag trotz gleich­blei­ben­der Arbeits­stun­den erhol­ter und zufrie­de­ner und somit auch pro­duk­ti­ver und kreativer

Ein 10-Stun­den-Arbeits­tag ist belas­tend für den Arbeit­neh­mer, und wenn Über­stun­den gemacht wer­den müs­sen, kann schnell ein 11 oder 12-Stun­den-Arbeits­tag dar­aus werden

Die Redu­zie­rung der Arbeits­ta­ge hilft Men­schen dabei, Fami­lie und Beruf bes­ser unter einen Hut zu bekom­men. Für Pend­ler ist der zusätz­li­che freie Tag auch von Vorteil

Für Arbeit­neh­mer mit Fami­lie kann es schwer sein, eine Betreu­ung für ihre Kin­der zu fin­den, wäh­rend sie 10+ Stun­den auf der Arbeit sind

Unter­neh­men, die mit der Opti­on zwi­schen einer 4 und 5‑Ta­ge-Woche wäh­len zu kön­nen wer­ben, ste­chen aus der Mas­se her­aus und wir­ken attrak­ti­ver auf Bewerber

Bei einer 4‑Ta­ge-Woche wird der Urlaubs­an­spruch von 20 auf 16 Tage im Jahr redu­ziert, da sich die­ser aus den Arbeits­ta­gen pro Woche berechnet

Wie schlägt sich die 4‑Ta­­ge-Woche in der Praxis?

Die 4‑Ta­­ge-Woche klingt im ers­ten Moment zu schön, um wahr zu sein. Womög­lich ist sie das auch. Die vie­len Vor­tei­le, beson­ders die gestei­ger­te Lebens­qua­li­tät und Pro­duk­ti­vi­tät, sind nicht von der Hand zu wei­sen. Den­noch gibt es auch vie­le Nach­tei­le, die berück­sich­tig wer­den müs­sen. Für vie­le Unter­neh­men ist so ein Kon­zept schon des­we­gen pro­ble­ma­tisch, weil eine schnel­le Kom­mu­ni­ka­ti­on mit dem Kun­den essen­zi­ell ist und der zusätz­li­che freie Tag die­se ein­schrän­ken würde.

Eine Lösung für die­ses Pro­blem hat ein Unter­neh­men in Hous­ton, Texas gefun­den: Hier wur­den die Mit­ar­bei­ter in zwei Grup­pen geteilt. Die ers­te Grup­pe von Mon­tag bis Don­ners­tag und die Zwei­te von Diens­tag bis Frei­tag. Es wur­de beob­ach­tet, dass trotz gleich­blei­ben­der Wochen­stun­den­zahl die Moral stieg und die Zahl an Krank­mel­dun­gen zurück­ging. Auch das Pro­blem, einen Tag län­ger geschlos­sen zu haben, wur­de erfolg­reich umgan­gen. Die­se Lösung ist aller­dings nur für Unter­neh­men mit einer grö­ße­ren Mit­ar­bei­ter­an­zahl umsetzbar.

Die­ses Unter­neh­men ist mit sei­nem Modell bei Wei­tem kein Ein­zel­fall. Auch die US-Unter­neh­men Tree­house und Base­camp tes­ten die 4‑Ta­ge-Woche und berich­ten, dass die Mit­ar­bei­ter bes­se­re Arbeit leis­te­ten als in fünf Tagen. Die Zahl der Kün­di­gun­gen sei sogar zurück­ge­gan­gen, weil ent­spann­te Mit­ar­bei­ter dazu nei­gen, eher die posi­ti­ven Sei­ten ihres Jobs zu sehen.

In Schwe­den wur­de das ers­te Mal 2003 ein ähn­li­ches Modell, näm­lich das des 6‑Stun­den-Tages in einem Toyo­ta-Werk in Göte­borg ein­ge­führt. Der Test war erfolg­reich: auch hier konn­te beob­ach­tet wer­den, dass die Mit­ar­bei­ter moti­vier­ter und sel­te­ner krank waren. Dar­auf­hin folg­ten vie­le schwe­di­sche Unter­neh­men dem Bei­spiel und führ­ten die­ses Modell eben­falls test­wei­se ein. Doch dass alter­na­ti­ve Arbeits­mo­del­le nicht für jedes Unter­neh­men geeig­net sind, zeigt sich an einem Alten­heim in Göte­borg, dass das Pro­jekt 2016 nach einer zwei­jäh­ri­gen Test­pha­se been­den muss­te. Grund: Es war zu teu­er. Um die ver­min­der­te Arbeits­zeit aus­zu­glei­chen, muss­ten mehr Mit­ar­bei­ter ein­ge­stellt wer­den, was sich auf Dau­er nicht hal­ten ließ.

In Deutsch­land steigt die Zahl an Unter­neh­men, die ihren Mit­ar­bei­tern frei­stel­len, ob sie ihre Stun­den in 4 oder 5 Tagen abar­bei­ten wol­len. Von die­sem fle­xi­blen Modell schei­nen bei­de Sei­ten zu pro­fi­tie­ren. So bestä­tig­te auch der Per­so­nal­chef von Bosch, Chris­toph Kübel in einem Inter­view mit der „Stutt­gar­ter Zei­tung“, dass „zufrie­de­ne Mit­ar­bei­ter […] krea­ti­ver [sind]“. Viel­leicht könn­te ein Mit­tel­weg die idea­le Lösung sein.