1973 war die Geburtsstunde der mobilen Welt. Bei Motorola tüftelten schlaue Köpfe den ersten Vorläufer des Mobiltelefons aus und patentierten die Erfindung im gleichen Jahr noch. Diese Entwicklung war nicht zu vergleichen mit den heutigen flachen und multifunktionalen Begleitern, aber sie war der Beginn einer neuen Lebensphilosophie. Das „mobile“ an den damaligen Geräten war lediglich die Tatsache, dass man nicht mehr an eine feste Telefonleitung gebunden war. Das Netz war noch sehr lückenhaft und die Telefone glichen in Gewicht und Design mehr einem Backstein.
Es sollte dann noch bis in die 1990er Jahre dauern, bis man auch hierzulande immer mehr dieser wuchtigen schnurlosen Telefone sah. An die ständige Kommunikation mit einem solchen Gerät oder an mobiles Banking und Shopping dachte damals noch niemand. Viele hielten es für eine Modeerscheinung, andere für ein Statussymbol der Reichen und Schönen. Inzwischen ist aus den Mobilgeräten ein Handy geworden, aus dem Handy ein Smartphone und aus der „Modeerscheinung“ ein fester Bestandteil unseres Lebens.
Praktisch jeder Mensch in Deutschland hat statistisch gesehen eines oder mehrere mobile Geräte und nutzt sie auch. Im Zug, zu Fuß, im Auto, am See, auf dem Fahrrad, am Berg, beim Golfen, beim Reiten, im Flugzeug, vor dem Fernseher, im Bett, in der Schule und während des Arbeitens. Nicht immer erlaubt, nicht immer ungefährlich, aber sie sind unsere ständigen Begleiter geworden. Ohne sie fühlen sich junge Generationen von der Welt abgeschnitten. Das Gefühl, gerade etwas zu verpassen, will bei vielen Nutzern nicht mehr weichen. Sie lieben ihr Smartphone oder Tablet zum Telefonieren, Schreiben, Shoppen, Flirten oder Verabreden. Sie diktieren Einkaufs- und To-do-Listen, überweisen Geld, lassen sich navigieren und vor dem nächsten Gewitter warnen.
Mobile Geräte haben unser Kommunikations- und Konsumverhalten verändert. Mit einem Klick lässt sich fast alles erledigen. Die Halbwertzeit von Entscheidungen verkürzt sich zunehmend. Wir werden ungeduldiger und nutzen das kleine Smarte einfach für alles. Für fast alles.
Mobile Recruiting – die letzte Bastion im mobilen Zeitalter
Einen Bereich umkreisen wir mit dem Smartphone oder dem Tablet immer noch wie die Wespe die Torte: Stellensuche und Bewerbung. Lange haben wir hierzulande gebraucht, um die Scheu vor dem Onlinebanking abzulegen. Zu groß das Risiko, zu offensichtlich die Datenschutzprobleme. Diese Scheu haben die meisten Menschen längst abgelegt, was die Zahlen der Onlinebanking-Nutzung beweisen. Immerhin nehmen heute rund 50 % der Deutschen ihre Geschäfte auch online vor. Ein Prozess, der viel Überzeugungskraft und technische Optimierung erforderte, um die Bankgeschäfte sicher und komfortabel zu gestalten. Ähnlich skeptisch verhalten sich Nutzer und Unternehmen nun, wenn es um das Mobile Recruiting geht.
Rekrutierung und Bewerbung über mobile Endgeräte wie Smartphones oder Tablets stecken noch in den Kinderschuhen. In einem Land der Pendler erzeugt das neben ungenutzten Zeiten auch ungenutzte Chancen. Während Millionen Arbeitnehmer täglich auf dem Weg zur Arbeit oder zurück im Zug sitzen oder auf den Bus warten, könnten sie dank Mobile Recruiting ihre berufliche Zukunft auf neue Beine stellen. Was hindert uns bei diesem Thema ebenso selbstverständlich unsere technischen Errungenschaften zu nutzen, wie wir das sonst ständig tun?
Studien sprechen für sich
Nach einer aktuellen Mobile Recruiting Studie stehen zwar die meisten der befragten Unternehmen diesem Weg zur Personalgewinnung zwar aufgeschlossen gegenüber, mehr als die Hälfte nutzt jedoch diese Chancen bisher noch nicht. Dabei sind sich Dreiviertel der befragten Arbeitgeber, darunter mittelständische sowie Großunternehmen, der Affinität der Nutzer für das mobile Bewerbermanagement bewusst. Diese zeigt eindeutig die Richtung an: Fast jeder zweite Stellensuchende würde ein mobiles Bewerbungsverfahren bevorzugen, wenn die Voraussetzungen dazu gegeben wären. Nach der Mobile Recruiting Definition werden dabei freie Stellen per Smartphone oder Tablet recherchiert und die Bewerbung über eine Karriere App, im One-Click-Verfahren oder über die Website des Unternehmens vorgenommen. Bei dem One-Click-Verfahren lädt der Bewerber sein Profil aus einem Business-Netzwerk, z. B. aus XING oder LinkedIn, welche solche Plattformen darstellen, direkt auf die Website des suchenden Arbeitgebers hoch.
Vor allem die Generationen mit Geburtsjahren nach 1980, die sogenannten Generationen Y und Z, erwarten von einem attraktiven Arbeitgeber eine adäquate technische Entwicklung. Mobile Recruiting entspricht den Gewohnheiten und Kommunikationswegen dieser Generationen, ermöglicht eine größere Reichweite und schnellere Entscheidungen. Auch die neue App Truffls erfährt große Beliebtheit bei den jüngeren Generationen, da diese wie das Dating Portal Tinder aufgebaut ist.
Was brauchen Unternehmen, um sich für Mobile Recruiting fit zu machen?
Um im harten Wettbewerb um qualifizierte Fach- und Führungskräfte mithalten zu können, müssen Unternehmen sicherstellen, dass ihre Stellenangebote über die mobilen Geräte abrufbar und Bewerbungen komfortabel möglich sind. Den Vorteilen des Mobile Recruiting entgegen stehen für viele Arbeitgeber Aufwand und Kosten zur Bereitstellung der Formulare, Informationen und Apps. Die Anforderungen sind hoch. Die Aufwände amortisieren sich jedoch rasch, wenn einige Punkte beachtet werden:
Diese 3 Grundsätze sollte ein Unternehmen erfüllen:
1. Inhalte reduzieren und auf „mobil“ umstellen
Stellenanzeigen sollten einen schnellen Überblick liefern über die offene Stelle, Hauptaufgaben, Voraussetzungen und Berufserfahrung. Die Anzeigen müssen für mobile Schnelllebigkeit optimiert werden und sich von den Annoncen unterscheiden, die ein interessierter Stellensuchender bei tatsächlichem Interesse in Ruhe studiert. Themen wie Unternehmenskultur, Historie oder Expansionspläne sind in einem kurzen Überblick für das Mobile Recruiting überflüssig.
2. Optimierung der Darstellung auf mobilen Geräten
Die Darstellung aller genutzten Kommunikationsmittel sollte optimiert und laufend getestet werden. Responsives Design und der Einsatz eigener oder fremder Apps erfordern ständige Prüfung, um den Nutzererwartungen zu entsprechen. Das Mobile Recruiting der Zukunft umfasst eine Recruitingapp, die Möglichkeit einer One-Click-Bewerbung oder zumindest ein für mobile Zwecke optimiertes Formular.
3. Kurze Entscheidungs- und Kommunikationswege
Die internen Arbeitsabläufe sollten so modifiziert werden, dass Entscheidungen innerhalb weniger Tage getroffen werden können. Die Mehrheit der Nutzer stellt sich eine Woche als maximale Entscheidungszeit vor, einige potenzielle Bewerber würden eine noch kürzere Antwortzeit auf ihre Bewerbung bevorzugen. Die Schnelligkeit der Prüfung einer Bewerbung wird direkt als Wertschätzung der Person empfunden.
Im Mobile Recruiting überwiegen Chancen für Arbeitgeber und Bewerber
Trotz der Aufwände ist Mobile Recruiting eine erfolgversprechende und imagefördernde Möglichkeit, das Bewerbermanagement in die Zukunft zu führen. Die klassische Bewerbung in Papierform hat ausgedient. Auch Ableger wie die E‑Mail-Bewerbung oder das Bewerbungsverfahren über ein Recruiting-Tool auf der Website des Unternehmens oder der Jobbörsen sind nur Brücken zum Ziel. Der direkte Weg aber verläuft über mobile Endgeräte.
Unternehmen, die sich als attraktive Arbeitgeber darstellen möchten, sollten sich dem aktuellen Arbeitnehmermarkt anpassen. Fachkräftemangel und demografische Entwicklung verschaffen den zukünftigen Mitarbeitern den Vorteil, sich ihren Arbeitgeber national und international uneingeschränkt auswählen zu können. Unternehmen, die sich nicht zeitgemäß und auf dem neuesten technischen Stand präsentieren, wecken bei Jobsuchenden kein Interesse an einer möglichen gemeinsamen Entwicklung.
Das sich laut aktueller Mobile Recruiting Studien verändernde Nutzerverhalten sollte auch ein Umdenken in den Abläufen des Unternehmens nach sich ziehen. Überlieferte Traditionen wie Bewerbungsanschreiben und umständliche Entscheidungswege müssen überarbeitet werden. Kein qualifizierter Bewerber geht motiviert mit einem Unternehmen ein Arbeitsverhältnis ein, das noch Standards lebt, wie vor dem Internetzeitalter. Entsprechend hoch ist die Quote der Bewerbungsabbrecher. Entwickelt sich dagegen ein Unternehmen analog der technischen Gegebenheiten und der hohen Erwartungen, erweist es sich als attraktiver Arbeitgeber, mit dem ein qualifizierter Bewerber gerne in die Zukunft geht.